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Alt 20.07.2009, 14:49   #2
knorhan
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AW: Hotel Traube Tonbach"

Beide bewertungen sind von Herrn
Kurt Fortwängler
Bewertung vom Restaurant "Tati"

Kurt Fortwängler (8) schreibt:
Bisher war ich nach Restaurantbesuchen in Heidelberg immer eher enttäuscht: Das Essen war selten eine echte Offenbarung und die Preise so gut wie immer ziemlich utopisch. Heute wurden meine Erwartungen das erste Mal übertroffen!
Der Tag fing eigentlich ziemlich schlecht an. Wir wollten das Feuerwerk „Schlossbeleuchtung“ vom Heiligenberg aus betrachten. Also ein Essen in Handschuhsheim oder in der Waldschenke oben auf dem Berg. Dumm nur, dass das Restaurant in Handschuhsheim noch nicht geöffnet hatte und die Waldschenke derzeit geschlossen ist! Also mussten wir mit leerem Magen auch noch nach Heidelberg hinunter – sehr ärgerlich. Zum Glück gaben wir nicht der Versuchung nach, das erstbeste Restaurant am Weg zu wählen. Wir „quälten“ uns noch bis zum Bahnhof, um dieses Restaurant (das in unserem Führer ziemlich gut wegkommt) aufzusuchen.

Umfeld, Ambiente
Das Restaurant liegt nur wenige hundert Meter vom Hauptbahnhof entfernt auf dem Werksgelände einer ehemaligen Zigarrenfabrik. Nebenan ist der Betriebshof der Straßenbahnen, das Umfeld ist also eher „historisches Industriegebiet“. Zur Innenstadt sind es ca. 2 Kilometer – im direkten Umfeld geht also nicht allzu viel. Dafür ist das Restaurant sehr gut zu erreichen – gerade auch ohne Auto (eine wichtige Straßenbahn- und Bushaltestelle liegt direkt vor der Haustür).
Wenn man es nicht kennt, übersieht man das Restaurant leicht. Nur ein unscheinbares, nicht beleuchtetes Schild weist darauf hin – allerdings einige Meter von der Hofeinfahrt entfernt, über die man den Eingang erreicht. Dort wird u.a die „Konkurrenz“ beworben – man muss schon wissen, dass man den Schildern zu Jacques’ Weindepot folgen sollte (das auch vom Betreiber des Tati betrieben wird)!
So kommt man schließlich zu einem relativ kleinen Gebäude auf dem Werksgelände, das wie ein ehemaliger Feuerwehr-Geräteschuppen aussieht (aber wohl ein Pferdestall war). Vor dem Haus gibt es einige Parkplätze und einen schönen „Biergarten“. Es gibt auch einen großen Grill, an dem tatsächlich viele Essen zubereitet werden!
Im Innenraum sieht es fast aus wie in einem französischen Bistro. Das passt ganz gut zum Stil des Restaurants (Französisch-Mediterran). Auch die Musik ist passend gewählt. Im zweiten Stock (in dem sich die Toiletten befinden) gibt es einen deutlich größeren Gastraum und noch einmal eine kleine Terrasse. Die Toiletten sind sehr klein, der (kaum vorhandene) Platz wurde aber perfekt ausgenutzt. Obwohl ziemlich viel los war, waren die Toiletten sehr gepflegt.
Die Einrichtung wirkt relativ alt, die Dekoration ist wohl relativ wild zusammengewürfelt. Dazu gibt es einige moderne Elemente wie eine mehrfarbige (wechselnde) Thekenbeleuchtung – eigentlich hört sich das nach Chaos an, aber es passt wirklich alles sehr gut zusammen! Deshalb gebe ich für das Ambiente ein deutliches „sehr gut“.

Personal
Das Personal ist ein eingespieltes Team. In der Regel klappt alles reibungslos, freundlich werden alle Wünsche erfüllt (auch sehr lebhafte Kinder bringen sie nicht aus dem Konzept). Gestern arbeiteten zwei Angestellte im Service, eine im Obergeschoß (viel Spaß, wenn man den ganzen Tag die Treppen hoch und runter laufen muss…) und eine im Untergeschoß. Die war auch für den Außenbereich zuständig, der am späten Abend nicht mehr sehr stark besucht war. Trotzdem kann es natürlich zu kleineren Wartezeiten kommen, wenn gerade draußen bedient wird. In der (frei einsehbaren) relativ engen Küche wird offensichtlich ziemlich effizient gearbeitet. Ein kleines Manko: Unsere Hauptspeisen kamen mit einigen Minuten Abstand. In einem Gourmet-Restaurant wäre das ein ganz dicker Punktabzug, hier will ich das nicht überbewerten.
Insgesamt vergebe ich „nur“ ein „Gut“ – vor allem, um auf die anvisierte Gesamtpunktzahl zu kommen!

Essen
Das Essen war eine positive Überraschung. Insgesamt eher einfach gehalten, gab es doch die eine oder andere Besonderheit. Die Speisekarte ist sehr überschaubar (ca. 15 Hauptgerichte, dazu 2 Desserts und einige Vorspeisen). Auf einer großen Wandtafel werden noch einmal diverse Gerichte angeboten. Alles ist französisch-mediterran gehalten. Die Preise sind für Heidelberger Verhältnisse extrem günstig, einige Hauptgerichte bleiben sogar unter der €10-Marke (in Heidelberg jenseits der Einfach-Gerichte sehr bemerkenswert), selbst die teuersten Gerichte (Entrecôte) liegen nur knapp über €20. Die Präsentation der Speisen ist nicht super-aufwändig, aber wirklich sehr appetitanregend.
Wir hatten als Vorspeisen eine bretonische Fischsuppe und einen Bergziegenkäse, als Hauptgerichte dann Steinbeisserfilet und gegrillte Calamari. Der Bergziegenkäse war einfach, aber sehr lecker angerichtet: 6 Scheiben, garniert mit Rucola. Darauf etwas grober Pfeffer und gutes Olivenöl, fertig! Zusammen mit dem guten Baguette schmeckte das wirklich sehr lecker (€6,80 sind für eine als Vorspeise wirklich sehr reichliche Portion absolut günstig)! Die Fischsuppe war das Highlight des Abends: Für €6,50 kam eine sehr ordentliche Portion einer Klasse Fischsuppe, in der reichlich hochwertiger Fisch (Filetstücke, grätenfrei) zu finden war. Die mit Kartoffeln eingedickte Flüssigkeit schmeckte extrem gut, man konnte sehr deutlich den Wein herausschmecken. Ganz ausgezeichnet! Das Steinbeisser-Filet war in Alufolie zubereitet und serviert. Sieht seltsam aus, dafür ist dann auch nichts vertrocknet oder so. Als Beilagen gab es einige Kartoffeln (halbiert und mit Schale angebraten) und reichlich frischen Salat (Blattsalat, Rucola, Karotten). €15,80 waren dafür ein absolut angemessener Preis. Die Calamari waren nicht wie so oft in der Friteuse zubereitete Ringe, sondern am Stück gegrillt. Dazu Taboulé (ähnlich wie Bulgur oder Couscous), eine exzellente selbstgemachte Aioli (so etwas wie Mayonnaise mit Knoblauch) und grüner Salat – ebenfalls sehr lecker und für €12,80 ziemlich günstig.
Insgesamt fällt auf, dass nur mit frischen Zutaten sehr guter Qualität gearbeitet wird. Heute wurde tatsächlich draußen auf dem Grill zubereitet (was man im Außenbereich deutlich riechen kann). Die Gerichte sind wirklich sehr weit weg vom „Mainstream“, hier sollte man als Gast auch mal etwas „experimentieren“! Sehr gut.

Getränke
Man merkt, dass der Betreiber (mit Elsässischen Wurzeln) sich mit Wein auskennt. Die Auswahl ist international, zu allen Gerichten werden die passenden Weinsorten angegeben. Dazu gibt es eine Übersicht, welcher Wein zu welchem Essen passt – sehr interessant. Es gibt einige offene Weine, die Flaschenweine liegen preislich sehr im Rahmen (nur sehr wenige Weine erreichen die €40-Marke).
Ansonsten ist das Angebot konventionell. Preislich liegt alles im in Heidelberg üblichen Rahmen (eher am unteren Ende der Skala), €3,50 für die Apfelsaftschorle (0,4L) und das Weizenbier vom Fass (0,5L) und €1,80 für einen (sehr guten) Espresso (€3,20 für den doppelten) entsprechen eigentlich eher dem Mannheimer denn dem Heidelberger Preisniveau.

Fazit
Na also, es geht doch! Nun wissen wir endlich auch in Heidelberg, welches Restaurant man gefahrlos empfehlen kann…
Hier hat es uns weit besser gefallen als in allen bisher hier besuchten Restaurants, wir werden sicher wieder kommen!

Essen:
Bedienung:
Ambiente:
Sauberkeit:
Für Tati Heidelberg gab er 4,3,4,4
Für Traube Tonbach gab er 5,5,5,5
Toole aufteilung, schön Übersichtlich und enorm Kompetent. Gruß Knorhan
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