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Budi 27.04.2011 20:00

England: Restaurant Gordon Ramsay, London (***)
 
Meine Eindrücke zum Flagschiff Ramsays, welches ich im Rahmen meiner stark kulinarisch geprägten Londonreise besucht habe, möche ich euch nicht vorenthalten:

In meinem Blog habe ich wie immer den bebilderten Bericht:

http://budisfoodblog.wordpress.com/...-ramsay-london/



Hier der Reintext:
Zitat:
Das Restaurant Gordon Ramsay in der Royal Hopital Road 68, dürfte im Ausland und Inland wohl Londons bekanntestes Gourmetrestaurant sein.

Das Gordon Ramsay selber hier so gut wie gar nicht mehr kocht, ist bei seinem Imperium an Restaurants und TV-Auftritten nicht überraschend und auch kein Geheimnis. Nichtsdestotrotz wird dieses von außen kaum als Restaurant wahrnehmbare Stübchen mit drei Michelinsternen ausgezeichnet. Das dies machbar ist, haben andere Meisterköche wie Alain Ducasse zu Genüge bewiesen. Um so mehr habe ich mir von diesem Restaurantbesuch, bei dem der Meister hauptsächlich mit seinem Namen steht, kein allzu spannendes oder ergreifendes Essen erwartet und bin so in dieses Restaurant eingetreten.



Bei sehr herzlichem Empfang, überrascht zuerst die Größe des Raumes, welcher wirklich sehr klein ist. Die Tische stehen für einen Dreisterner ziemlich nahe beieinander. Das elegant moderne Interieur lässt den Raum dafür ob seiner zart hellen Crèmetöne mit schwarzen Klavierlackmöbeln als Kontrast erfrischend angenehm und hell erscheinen. Der Raum ist sehr stilvoll eingerichtet.

Das Restaurant Gordon Ramsay bietet zum Lunch ein spezielles Dreigangmenü zu humanen Preisen an, welches von uns genommen wurde.



Neben dem Hauschampagner fiel uns die Ziegenmilchbutter zum Rosmarin Ciabatta auf, welche eine nette Abwechslung zur gesalzenen Butter darstellt und auch geschmacklich ein erfrischendes Ergebnis darbot.



Als Amuse Bouche gab es ein Consommé aus Trüffeln, welches aus der Teekanne auf das Frühlingsgemüse gegossen wurde. Anbei die Gänselebertrüffelmousse. Dieser kulinarische Vorbote war gekennzeichnet von klarem kräftigen Geschmack.





Die Vorspeise: “ Chicken liver, foie gras and bone marrow crouton with artichoke, heritage apples, Périgord truffle vinaigrette“

Schade, dass bei einem Toprestaurant nicht darauf aufmerksam gemacht wurde, dass wie im Amuse Bouche, erneut Trüffel für die Vorspeise verwendet werden. Davon abgesehen liegt hier vor einem ein geschmacklich klassisches Essenserlebnis. Die fleischig intensive Leber, welche etwas an eine Bulette erinnert, würde alleine zu rustikal und wuchtig erscheinen. Konventionell dazu, erfrischen die Apfelspalte den Gaumen, während der Knochenmarkcrouton für eine knusprigere Konsistenz sorgt. Lediglich das Périgord Trüffelvinaigrette erschien mir etwas zu blass.



Die Alternative zum Leber, der Salat vom Szechuanischen Schwein mit Riesengarnelen und eingelegtem, mariniertem und dann gegrilltem Gemüse, asiatischen Kräutern und Daikon Dressing. Das aufwändige Bild auf dem Teller spiegelte sich auch geschmacklich in einem präzisen und detailverliebten, von klar herausgearbeiteten Geschmäckern geprägten Gang wider.



Zum Hauptgang empfahl uns der Sommelier einen Torbreck aus dem Barossa Valley. Ein trockener junger Weißwein mit Aprikosennoten und Stärke durch kraftvollen Alkohol am Gaumen.



Der Hauptgang stellte auch die Spitze des Menüs dar. Der langsam gekochte Schweinebauch vom „Dingley Dell Pork“ (wohl das Pendant zum Schwäbisch-Hällischen Schwein) mit Sauerkraut, Bratapfel, Black Pudding und pommes dauphine war umgeben von einer süß-sauren Soße, welche die einzelnen in sich vollendeten Komponente zu einem vollwertigen und gut durchdachten Geschmackserlebniss verbindet. So haben wir hier den hochzarten von purer Produktqualität strotzenden Schweinebauch, klassisches Sauerkraut, welches zum Schwein einfach saugut passt, fluffige pommes dauphine und den mit Schweineblut hergestellten Black Pudding, welcher eine wunderbare Wuchtigkeit besitzt. Damit diese Kombination nicht erdrückend und damit ermüdend ausfällt, hält die Süß-saure Soße diese Aromenbömbchen im Zaum. Da diese alleine mit dem Black Pudding nicht zurecht kommt, steht der Bratapfel zum Ausgleich parat -der kräftige Wein verbindet sich nicht mit dieser Komposition, sondern präsentiert sie ausdrucksstark und klar.



Ausweichen kann man mit folgendem Gang:

„Shin of Angus Beef braised in red wine served ‘en croûte’ with confit potatoes and mushrooms à la crème, parmesan emulsion“.

Auch hier ein technisch makelloser Gang von hoher Qualität (butterweiches geschmackstarkes Fleisch) mit klassischem Geschmacksbild, welches geprägt von Harmonie und Intensivität ist.



Das Dessert, ein Bananen Parfait mit Erdnusbuttermousse und Zartbitterschokolade und Sandwich von karamelisierten Bananen erwies sich optisch zwar vorerst als Enttäuschung und klingt auch auf der Karte mehr oder weniger banal, trumpft dafür aber geschmacklich deutlich mehr auf. Ein simples Dessert mit klaren Aromen, welche erst im Zusammenspiel funktionierte und aus eigentlich schon anmutend klassischen Kombinationen, welche nun eigentlich wirklich nicht mehr zu überraschen wissen, ein schönes Dessert darstellten. Hauptverantwortlich dafür, dass dieses Dessert nicht langweilig erscheint, war die stark präsente Erdnussbuttermousse.



Zum Schluss gab es zu den klassischen Gängen einen visuellen Umbruch, mit futuristisch silbrigen Nougat/ Kaffeetrüffeln als Bäumlein und weiteren Petit Fours, die sich im Nebel versteckten. Geschmacklich waren beide (Trüffel, sowie Erdbeereis mit weißer Schokolade ummantelte Trüffel) dann im Kontrast zur visuellen Darbietung ernüchternd uninspiriert aber solide.

Maitre Jean-Claude Breton ist sehr um seine Gäste bemüht und begleitete uns charmant und offen durch das Menü. Insgesamt wirkt der Service nicht zu steif und hat ein Auge für die Wünsche der Gäste.

Mark Askew und Clare Smyth sind es eigentlich, denen das Lob gebühren sollte. Das Restaurant bietet eine sehr gute und nicht langweilige Küche, wie man es erwarten könnte. Es fehlt lediglich ein schärferer eigener Stil um auch dauerhaft wiederkehrende Gäste vermehrt an den Tischen sitzen zu sehen. Hauptsächlich findet man viele Touristen und kaum Einheimische vor. Wenn das Restaurant also wirklich kulinarischer Spitzenreiter Londons werden will, steht Patron Gordon Ramsay der Stilbildung eigentlich etwas im Wege. Zwar steht Ramsay sowohl mit seinem Namen als sicherlich auch finanziell unterstützend für die Zukunft des Restaurants, doch eigentlich sollten die wahren Köche mehr Aufmerksamkeit zur Entfaltung bekommen.

Gleichzeitig kann man sagen, dass das Restaurant mit dem sehr preiswerten Mittagsmenü und genau so aufwändigen Petit Fours, sehr um Publikum bemüht ist. Für einen Dreisterner ist ein solches Menü eine deutliche Ansage. Das erwartete Publikum wird einerseits von solchen verlockenden Angeboten angezogen, doch es fehlt die eigene Handschrift um das Restaurant wirklich einzigartig zu machen.

In Ramsays Flagschiffrestaurant, welches mit bewährten Mitteln aber auch risikolos und ungewagt agiert, steckt jedenfalls mehr Potential als erwartet.


black-brown-white 28.04.2011 09:50

AW: England: Restaurant Gordon Ramsay, London (***)
 
lieber budi, danke für deinen tollen bericht!
habe mir auf deinem blog auch die fotos angesehen und muss sagen sieht besser aus als ich dachte. das menü fand ich rein von deiner beschreibung her nicht gerade für mich gegeignet. es wirkt ein wenig altbacken, eigentlich sogar sehr altbacken und ich gebe dir recht, wenn schon im amuse bouche trüffel vorkommt, kann man es bei der consomee lassen. dafür ist er zu intensiv, aber genau das war er ja bei der consomee nicht. die leber sieht wirklich wie eine bulette aus!
der hauptgang erinnert mich in seiner art und weise an die kochschule von bocuse, auch wenn ein blackpudding dabei ist, den ich nicht ab kann.
dann noch das dessert. von der form einmal abgesehen ist es ein ausflug in die 80iger jahre, wie es mir scheint.
interessant, aber was kostete das menü? jetzt bin ich sehr gespannt, ist ja london und bei blumenthal brennt man sich aus.
danke und liebe grüsse:

bbw

Budi 28.04.2011 17:20

AW: England: Restaurant Gordon Ramsay, London (***)
 
In der Tat wird hier tendentiell klassisch französisch gekocht, wobei geschmacklich alle Gerichte auf der Höhe der Zeit waren.

Ich habe in London noch einen anderen Klassiker der Szene besucht und werde mich auch dazu äußern. Doch das dauert noch ein wenig.

Das Menü kostet 50 Pfund. Man hat die Wahl zwischen jeweils drei Gängen für Vorspeise, Hauptgang und Dessert (alt. Käse).

Im Vergleich zum Menü abends ist das ein sehr attraktives Angebot für einen Dreisterner, wie ich finde.

Was das Dessert und altbacken angeht, freue ich mich sehr auf die nächsten beiden Beiträge.
Ich hatte das Glück in drei Sternerestaurants ein spezielles Menü genießen zu können und in allen drei Restaurants als Hauptgang Schwein und in zwei Restaurants ein Bananen/ Schokodessert.
Es ist sicherlich spannend alle Beiträge zu lesen und zu vergleichen, wie die einzelnen Restaurants mit Produkten umgehen und Klassiker interpretieren.

black-brown-white 28.04.2011 18:49

AW: England: Restaurant Gordon Ramsay, London (***)
 
na dann, bin schon gespannt.

schöne grüsse:

bbw


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