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Alt 25.08.2012, 11:48   #1
knorhan
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Daumen hoch Kohl-Tage. Erster Teil!

Bei uns im Restaurant haben die Kohl Tage begonnen. Und in Dithmarschen ist es im September ein besonderer Event, gerade für nicht Dithmarscher.

Da ich in unserem Koch Buch „KOHL“ schon auf die besonderen gesundheitlichen Aspekte vom Kohl hingewiesen habe möchte ich hier, denen die es noch nicht wissen einige interessante Information zukommen lassen.

Kohl aus Dithmarschen
Die deutsche "Kohlkammer" liegt im Schutz der Dithmarscher Deiche. Dank günstiger Boden- und Klimaverhältnisse entstand in den Marschen vor rund 115 Jahren das heute größte geschlossene Kohlanbaugebiet in Deutschland. Auf rund 3.200 Hektar (2003) wachsen hier vor allem Weißkohl, jedoch auch Rotkohl und Wirsing. Kohl gehörte spätestens seit dem späten Mittelalter zur Alltagskost der meisten Menschen – ein Garten ohne Kohlpflanzen war nicht denkbar, und "Kohlgarten" oder "Kohlhof" standen als Synonym für jede Art von Nutzgarten. Bereits in vorindustrieller Zeit entwickelten sich Gebiete, in denen besonders viel Kohl angebaut wurde. Zu diesen Regionen gehörten das Alte Land vor den Toren Hamburgs, die Gegenden um Bamberg und um Liegnitz sowie die sogenannten "Filderorte" bei Stuttgart, wo das "Filderkraut", eine Spitzkohlsorte, angebaut wird. Bereits im 17. Jahrhundert begannen Holländer um Glückstadt herum mit dem Anbau von Kohl und anderem Gemüse. Der Feldanbau von Kohl in Dithmarschen ist dagegen eine Folge der Industrialisierung in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts.

Am Anfang stand eine Zeitungsannonce
1888 forderte eine Glückstädter Gemüsefabrik in einer Anzeige auf, Gemüse zu liefern. Sie war der unmittelbare Anstoß, mit der in Dithmarschen der Kohlanbau in großem Stil begann. Der Wesselburener Gärtner Eduard Laß ergriff die Chance und begann 1889 zusammen mit einem Bauern versuchsweise den Anbau verschiedener Gemüsesorten. Es stellte sich bald heraus, dass mit Kohl die besten Geschäfte zu machen waren. So dauerte es nicht lange, bis auch andere Bauern den Kohl entdeckten. Innerhalb von nur zehn Jahren - 1893 bis 1902 - stieg allein im Bezirk Wesselburen die Anbaufläche für Kohl von drei auf 283 Hektar. Geerntet wurden Frühkohl, Septemberkohl, der als Sauerkraut eingelegt wurde, und der besonders lagerfähige Dauerkohl.

Marschboden und Eisenbahn
Gärtner Laß konnte eine so folgenreiche Entwicklung nur deshalb in Gang setzen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits wichtige Bedingungen erfüllt waren, ohne die der Kohlanbau in Dithmarschen nicht hätte funktionieren können. Zum einen waren mit der guten Bodenqualität und dem richtigen Klima wichtige natürliche Faktoren erfüllt. Genügend Regen in den für das Wachstum entscheidenden Monaten Juli und August sowie die Fähigkeit des tonigen Marschbodens, Wasser lange zu halten, sorgen für eine ausreichende Feuchtigkeit. Der ständige Seewind bewirkt, dass der Kohl weniger als in anderen Gebieten von Schädlingen wie dem Kohlweißling befallen wird. Die besten Standortfaktoren bleiben jedoch wirkungslos, solange es an Absatz- und Transportmöglichkeiten fehlt. Der notwendige Absatzmarkt fand sich Ende des 19. Jahrhunderts in den expandierenden Industriestädten. Deren Bewohner konnten sich nicht mehr aus dem eigenen Garten versorgen oder das Sauerkraut selber einlegen, sondern waren darauf angewiesen, Lebensmittel zu kaufen. Transportiert wurde der Kohl mit der Eisenbahn. 1878 war die Strecke Hamburg-Itzehoe bis Heide verlängert worden, und in den 1880er Jahren erschlossen dann Zweigbahnen nach Büsum und Friedrichskoog die Marschgebiete. Beim großflächigen Anbau von Kohl mit seinem hohen Bedarf an Nährstoffen muss intensiv gedüngt werden. In der Umgebung großer Städte nutzte man früher dafür die städtischen Abfälle, in Dithmarschen war man auf den Einsatz von Handels- und Kunstdünger angewiesen, der ebenfalls per Eisenbahn ins Land kam. Begünstigt wurde der Übergang zum Kohlanbau auch durch die in den 1890er Jahren herrschende Zuckerrübenkrise. Infolge weltweiter Überproduktion verfielen die Zuckerpreise, so dass der Anbau von Rüben immer weniger lohnte. Unter diesen Umständen war man dann eher bereit, es mit einer neuen Hackfrucht zu versuchen – dem Kohl. Bis 1913 stieg die Anbaufläche in Dithmarschen entsprechend auf insgesamt rund 2.100 Hektar. Auf langen Güterzügen wurden damals rund 97.000 Tonnen Kohl von Dithmarscher Bahnstationen abgefahren. 1894 waren es noch lediglich 863 Tonnen gewesen.

“Die schlechten Jahre sind die guten”
Gärtner Laß konnte eine so folgenreiche Entwicklung nur deshalb in Gang setzen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits wichtige Bedingungen erfüllt waren, ohne die der Kohlanbau in Dithmarschen nicht hätte funktionieren können. Zum einen waren mit der guten Bodenqualität und dem richtigen Klima wichtige natürliche Faktoren erfüllt. Genügend Regen in den für das Wachstum entscheidenden Monaten Juli und August sowie die Fähigkeit des tonigen Marschbodens, Wasser lange zu halten, sorgen für eine ausreichende Feuchtigkeit. Der ständige Seewind bewirkt, dass der Kohl weniger als in anderen Gebieten von Schädlingen wie dem Kohlweißling befallen wird. Die besten Standortfaktoren bleiben jedoch wirkungslos, solange es an Absatz- und Transportmöglichkeiten fehlt. Der notwendige Absatzmarkt fand sich Ende des 19. Jahrhunderts in den expandierenden Industriestädten. Deren Bewohner konnten sich nicht mehr aus dem eigenen Garten versorgen oder das Sauerkraut selber einlegen, sondern waren darauf angewiesen, Lebensmittel zu kaufen. Transportiert wurde der Kohl mit der Eisenbahn. 1878 war die Strecke Hamburg-Itzehoe bis Heide verlängert worden, und in den 1880er Jahren erschlossen dann Zweigbahnen nach Büsum und Friedrichskoog die Marschgebiete. Beim großflächigen Anbau von Kohl mit seinem hohen Bedarf an Nährstoffen muss intensiv gedüngt werden. In der Umgebung großer Städte nutzte man früher dafür die städtischen Abfälle, in Dithmarschen war man auf den Einsatz von Handels- und Kunstdünger angewiesen, der ebenfalls per Eisenbahn ins Land kam. Begünstigt wurde der Übergang zum Kohlanbau auch durch die in den 1890er Jahren herrschende Zuckerrübenkrise. Infolge weltweiter Überproduktion verfielen die Zuckerpreise, so dass der Anbau von Rüben immer weniger lohnte. Unter diesen Umständen war man dann eher bereit, es mit einer neuen Hackfrucht zu versuchen – dem Kohl. Bis 1913 stieg die Anbaufläche in Dithmarschen entsprechend auf insgesamt rund 2.100 Hektar. Auf langen Güterzügen wurden damals rund 97.000 Tonnen Kohl von Dithmarscher Bahnstationen abgefahren. 1894 waren es noch lediglich 863 Tonnen gewesen.

Sauerkraut
Ein Teil der Dithmarscher Weißkohlernte landete in Gärbottichen, um dann als Sauerkraut auf den Tisch zu kommen. Traditionell war Sauerkraut ein Nahrungsmittel, das in jedem Haushalt selbst hergestellt wurde. Das Verfahren, mit Hilfe der Milchsäuregärung Weißkohl zu einem haltbaren Wintergemüse zu machen, ist alt und gelangte vermutlich aus dem römischen Kulturkreis zu uns. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden in den Anbau- und Verbrauchsgegenden auch Gewerbebetriebe, die Sauerkraut in großer Menge produzierten. Die Industrialisierung und die damit einher gehende Veränderung der Lebensverhältnisse machte es für die Städter immer schwieriger, ihr eigenes Sauerkraut einzulegen. Wer Sauerkraut essen wollte, der kaufte es portionsweise im Laden aus dem Fass, das aus der Fabrik geliefert wurde. An solche Betriebe, vor allem im Rheinland, in Schlesien und in Berlin, lieferten die Marschbauern aus Dithmarschen den sogenannten Septemberkohl, der weniger lagerfähig war. In Dithmarschen selbst spielte die Verarbeitung nur eine geringe Rolle. Es fehlte dafür das unmittelbare Absatzgebiet, denn im Norden tat man sich schwer mit Sauerkraut. Es wurde hier zwar gegessen, gehörte aber nicht unbedingt zu den beliebtesten Speisen. Die erste kleine Sauerkohlfabrik in Dithmarschen entstand vermutlich 1898 in Reinsbüttel bei Wesselburen. Weitere Betriebe kamen dann während des Ersten Weltkriegs hinzu. Größere Bedeutung erlangte die Kohlverarbeitung in Dithmarschen erst nach dem Zweiten Weltkrieg mit Betrieben unter anderem in Marne, Meldorf und Wesselburen. Nach der Schließung der Marner Sauerkohlfabrik von Gravenhorst Ende der 1970er Jahre übernahm das Meldorfer Landwirtschaftsmuseum einen Teil der Einrichtung. Präsentiert werden heute in der Ausstellung auch vier der ursprünglich 30 großen hölzernen Gärbottiche, in denen das Sauerkraut reifte. Dass sie erhalten blieben, ist dem Stahlmangel am Ende des Ersten Weltkrieges zu verdanken. Als die Fabrik 1918 eingerichtet wurde, wollte der Gründer eigentlich moderne Stahlbetonbecken. Da es das Material nicht gab, beschaffte er aus Chemnitz die riesigen Holzfässer.
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