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Alt 12.04.2006, 09:39   #6
Karl
Gast
 
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AW: Kinder sollten Kochen lernen, aber von wem?

@Bonito,

das was du ambitionierte Gastronomie zu nennen beliebst, das mag es schon geben, keine Frage. Allerdings ist das nicht repräsentativ !
Die überwiegende Mehrheit wäre mit "Aufwärmstüberl" zutreffend charakterisiert. In dem Ort in dem ich lebe, gibt es pi mal Daumen ca. 60 bis 70 Lokale jeder Coleur, vom bayrischen Wirtshaus bis hin zum Sushilokal.
Zum essen reizt mich nicht ein einziges davon und das hat durchaus nichts mit meiner vegetarischen Ernährung zu tun. In keinem dieser Läden stimmt das Preis-Leistungsverhältnis und keines dieser Lokale kann mich in kulinarischer Hinsicht zufrieden stellen.
Wenn ich heute Essen gehe, dann erwarte ich wahlweise 2 Dinge:
1. Der Koch zaubert mir etwas auf den Teller, wo ich sage "Wow, das ist mal wirklich eine tolle, neue Erfahrung !" oder
2. er kocht etwas klassiches, aber das in Perfektion und mit exzellenten Zutaten.

Forderungen, die so schwer eigentlich nicht zu erfüllen sein sollten, möchte man meinen. Wie sieht die Wirklichkeit aus ?
Bei sämtlichen ausländischen Spezialitätenanbietern, also Italiener, Chinese etc. ist das Preis-Leistungsverhältnis unter aller Kanone. Von Punkt 1 oder 2 sind wir Meilen entfernt. Keiner der hier ansäßigen Italiener beispielsweise schafft es "Spaghetti alio e olio" oder "Penne al arrabiata" auch nur in der Qualitätauf den Tisch zu bringen, wie ich mir dieselben Gerichte zu Hause zubereite. Das fängt bei der Qualität des Olivenöls an und hört bei gefrorener oder gefriergetrockneter Petersilie auf. Oft ist noch nicht mal der Knoblauch frisch, sondern es wird Knoblauch Öl verwendet. Die angesprochenen Penne werden oftmals einfach fachlich falsch zubereitet. Ich will bei diesem Gericht weder Cocktail Tomaten auf dem Teller haben, noch Sahne in der Sauce.
Wenn ich für eine solche Trivialität dann noch zwischen 9 und 11 Euro auf den Tisch legen soll, dann ist Schluß mit lustig.
Bei den deutschen Kollegen siehts kaum besser aus. Auch hierfür zwei beliebige Beispiele. Ein Wiener Schnitzel hat weder in einer Friteuse etwas verloren, noch auf einer Metallplatte. Es gehört mit reichlich Butterschmalz in einer Pfanne gebraten. Wenn dann für ein Schnitzel mit Kartoffelsalat 14,50 verlangt werden, was knapp 30 DM entspricht, dann kann ich das nicht als angemessen bezeichnen.
Bei meinen anderen Beispielen kann man an der Stärke der Speisekarte schon erkennen, was und wie hier gekocht wird. Warum in Dreiteufelsnamen sollte ich für das Aufwärmen von Convenience Futter, welches ich selbst privat nie konsumieren würde, auch noch exorbitante Preise zahlen ?
Wenn ich zuhause in der Lage bin ohne in's Schwitzen zu kommen eine vernünftige Bechamel herzustellen, warum sollte ich dann im Lokal eine Fertigpampe aus dem Eimer akzeptieren ?
Glaubst du, daß eine vorgekochte, vakuumierte Kartoffel genauso schmeckt wie eine frisch gekochte ?
Glaubst du, daß vorgeschnittenes Gemüse ohne Nährstoff - und Geschmacksverluste auskommt verglichen mit frisch zubereitetem ?

Die Liste könnte ich nahezu endlos fortsetzen, aber zur Verdeutlichung soll das genügen. Es ist ja nicht so, daß ich die Motive der Gastronomen nicht nachvollziehen könnte. Personal ist neben dem Wareneinsatz der größte Brocken bei den Kosten, neben eventueller Pacht. Von daher ist es naheliegend hier den Hebel anzusetzen.
Nur : Kochen ist seit jeher mit viel Arbeit verbunden und bedarf guter Zutaten, um ein vernünftiges Resultat zu erzielen.
Ich bin als Gast bereit für eine gute Leistung auch einen guten Preis zu bezahlen. Bei dem, was ich gegenwärtig bei mir vor Ort antreffe, stelle ich mich lieber selber an den Herd, habe bessere Produkte auf dem Teller, die zudem auch handwerklich besser zubereitet sind und das, obwohl ich kein gelernter Koch bin.

Karl
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